Vorlesung in der Chemnitzer Volkshochschule, gehalten von Oberlehrer Hermann Lungwitz, Geyer (Sa.).
(Fortsetzung.)
Illustrierte Wochenbeilage der „Obererzgebirgischen Zeitung“. Nr. 51 – Sonntag, den 15. Dezember 1929, S. 1.
Als Spinn- und Werkmeister gelang es Evans, auf den neuen Maschinen brauchbares und gutes Garn zu spinnen. Was über tausend Jahre Spindel und später das Spinnrad getan, übernahm jetzt die Maschine, sie vermochte die Fasern ohne Hilfe der Finger zusammenzudrehen. Vorübergehend hielt sich Evan Evans, nachdem er Harthau verlassen hatte, in Dittersdorf bei Zschopau auf, wo er in seiner Werkstatt für Spinnereimaschinenbau bereits unter seinen Gehilfen Arbeitsteilung einführte. Mit dem Jahre 1809 finden wir ihn in Geyer, von wo aus er in Siebenhöfen den begonnenen Bau einer eigenen Spinnerei leitete. Inzwischen fand Evans auch Zeit, bei der Errichtung anderer Spinnereien mit Rat und Tat behilflich zu sein. So begehrte unter andern der Baumeister Lohse bei Errichten der Plaueschen Spinnerei für die Firma E. J. Clauß Nachf. in Plaue sein Urteil. In einer Festschrift heißt es von dem erwähnten Bau: Das alte, jetzt sechs Stockwerk hohe Spinnereigebäude mit seinem altmodischen, zum Teil noch erhaltenen Gewölben im Erdgeschosse, mit dem hochragenden Schieferdache, dem alten Balkenwerke und dem schieferumkleideten Glockentürmchen zeigt das Bild jener ältesten Fabrikbauten des sächsischen Erzgebirges, in denen noch die ganze Bauart des erzgebirgischen Bauernhauses steckt, und die doch mit die ersten Großbetriebe Deutschlands bargen. In diesem Baustil ist die Höffersche Spinnerei in Tannenberg erbaut worden.
Bis zum Jahre 1812 hat Evan Evans Spinnmaschinen zu 42.768 Spindeln geliefert für die Spinnereien zu Harthau, Erfenschlag, Penig, Wolkenburg, Plauen i. V., Oederan, Geyer, Mühlau, und später für Wegefart bei Freiberg, Lugau, Schlettau pp. Gelang es dem tätigen Manne im Laufe der Jahre seine Siebenhöfer Spinnerei zu einer Musteranstalt emporzuheben, so vernachlässigte er durchaus nicht seine Haupttätigkeit, den Spinnmaschinenbau. Als Maschinenbauer wurde er wiederholt von der sächsischen Staatsregierung prämiiert und durch Verleihung von einer Verdienstmedaille ausgezeichnet. Seine Gespinste sind auf den Dresdner Gewerbeausstellungen in den Jahren 1840 und 1845 ausgezeichnet worden, da sie durch Feinheit und Festigkeit die anderen ausgestellten Erzeugnisse übertrafen. Ueber Evans Tätigkeit in Tannenberg äußert sich Prof. Gebauer dahin: Evans war zwar weder der erste Spinnereierbauer noch der erste Spinnereibesitzer, er war auch nicht der erste Spinnereimaschinenbauer in Sachsen, wohl aber ist Evan Evans der Gründer, Leiter und Besitzer der ersten mit motorischer Betriebskraft arbeitenden und auf Arbeitsteilung eingerichteten Maschinenfabrik in Sachsen, die sich nur mit Spinnereimaschinenbau beschäftigte, er war hervorragend als Spinnereitechniker und hat sich um die Begründung und das Aufblühen der Baumwollmaschinenspinnerei in Sachsen und dadurch in ganz Deutschland unstreitbar große Verdienste erworben. In diesem Sinne konnte Kommerzienrat Stark bei der Enthüllung des Evansdenksteines Evan Evans den „Vater der sächsischen Baumwollspinnerei“ nennen. Aber auch als Mensch rühmte Pfarrer F. G. Blüher den heimgegangenen Freund: In einem 24jährigen Umgange habe ich Herrn Evans kennten, schätzen, verehren gelernt als einen Mann, der unter allen Wechseln der Zeit eine Redlichkeit, eine Hoheit des Charakters bewahrt hat, wie sie uns hienieden nur selten begegnet. Alle, die ihn kannten, werden mir beistimmen.
Den ungewöhnlich rührigen Mann ereilte in seinem 79. Lebensjahre am 9. Dezember 1844 der Tod. Seinem Wunsche gemäß wurde die irdische Hülle an der Seite seiner Gattin Lowry, geborene Richard, die ihm im Jahre 1836 im Tode vorausgegangen war, auf dem Kirchhofe zu Geyer bestattet. Eine mächtige Cypresse bezeichnete später die Stelle, unter welcher der Nimmermüde ruhte. Als jedoch dieser Baum der Zeit erlag, bat ich die Spinnereivereinigung, durch Errichten eines Denkmals den großen Spinner zu ehren. Meine Anregung fand Widerhall. Seit dem 9. Dezember 1899 ziert das Evansche Doppelgrab auf dem Geyerschen Kirchhof ein aus Bingengranit gefertigter Denkstein mit der Inschrift:
„Hier ruht in Gott
Herr Spinnereibesitzer Evan Evans,
geb. 1765 in Llangellidt,
gest. 1844 in Geyer.“
In Erinnerung seiner hohen Verdienste um die Begründung und Entwickelung der sächsischen Baumwollspinnerei wurde diese Grabstätte unter Zuwendung von Staatsmitteln im Jahre 1899 wieder hergestellt durch die Vereinigung sächsischer Spinnereibesitzer.“ Geyer ehrte den großen Toten, indem es sein von Walter Witting gemaltes Bild im Seitenschiff der erneuerten Laurentiuskirche aufhängen ließ.
Wurden schon durch die Evansche Fabrikanlage eine große Anzahl Arbeiter dem Landbau entzogen, so geschah dies noch in erhöhtem Maße durch die Gründung der Höfferschen Spinnerei. Carl Ferdinand Höffer besaß in Chemnitz in der Aeußeren Johannisgasse ein Kolonialwarengeschäft. Mit dem Jahre 1837 verwirklichte Höffer den wohl schon seit längerer Zeit erwogenen Plan einer Fabrikanlage in Tannenberg bei Geyer. Zur Verwirklichung seines Strebens kaufte er von Christian Jonathan Meischner auf Tannenberger Flur dessen Oelmühle, samt des dazugehörigen Hauses, Scheune, Holzschuppen, Garten und Wiese für 2950 Taler bei sofortiger Zahlung. Im Frühjahr 1838 wird der Bau einer Baumwollspinnerei begonnen. Am 16. April 1839 wurde das Gebäude mit dem Aufsetzen des Turmknopfes mit Wetterfahne und Fangspitze vollendet. Der Bauplatz zwischen der Oelmühle und dem Weigertschen Pochwerk ward dem Rittergutsbesitzer Karl Friedrich Böhme für 2000 Taler abgekauft, wofür dem Käufer noch das den Platz berührende Geyersche Wasser zustand.