Kultur und Heimat Kreis Annaberg. 5. Jahrgang. Juni 1958. S. 88.
Im Juniheft 1956 dieser Zeitschrift berichtete H. Lange vom Käthchenstein bei Frohnau. Dazu ist jedoch noch nicht alles gesagt, was zum Verständnis des Namens zu sagen wäre.
Leider fehlt bis jetzt die schriftliche Überlieferung des Namens aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Vom Vorhandensein des Familiennamens Röthel – Riedel in Annaberg läßt sich freilich noch nicht ein Verlesen von Röthelstein in Käthchen- oder Käthelstein rechtfertigen. Der Familienname Riedel ist – soweit sich das überblicken läßt – nur zweimal in den Flurnamen des Kreises enthalten. In Elterlein wird 1828 der Riedelacker erwähnt, in Scheibenberg 1584 die Rüdels-Leite.
Daß Annaberger Bürger Flurbesitz auf Frohnauer Flur gehabt haben, „ein Räumlein im Sauwalde“ und ähnlich, wie es in den Amtserbbüchern des 16. Jahrhunderts heißt, steht fest. Der ganze Markus Röhling bestätigt es auch.
Erstmals wird der Käthelstein auf dem sogenannten Meilenblatt von 1786 ff. erwähnt, jedoch in einer ebenfalls entstellten Form, sie lautet dort Craitelstein. Oberreit (1821 ff.) und die auf ihm fußenden Generalstabskarten bringen nun Röthelstein. Welche Form ist richtig? Alle diese Kartenwerke sind jedoch von Ortsfremden gezeichnet worden, vielleicht von mundartfremden Zeichnern und Schreibern, wenn auch auf Unterlagen aus Frohnau wahrscheinlich. Auch die in Frohnau an Ort und Stelle vorhandenen Unterlagen lauten anders. Das Frohnauer Consensbuch von 1828 bringt die Form Kadelstein. Daß der Name nicht Kätchen lauten kann – vorausgesetzt, daß er von Käte abgeleitet ist – ist ganz klar, im Westerzgebirge ist die Verkleinerungssilbe nicht –chen, sondern –lein. In Bärenstein heißt es nicht Wäldchen – Wäldchenhäuser, sondern Walle, Walleheiser (schon das Kaufbuch von 1664 nennt „das Wiesflecklein, das Wäldlein genannt“, dort werden 1664 10 Häuslein gestiftet, die Wällehäuser). Nur in Buchholz kommt 1584 einmal eine obersächsische Namensform, „vorm Wellichen gelegen“, vor. Der Kadelstein ist jedoch nicht der einzige Flurname in dieser Form, 1828 gibt es auch noch die Kadelwies, im Flurverzeichnis von 1835 (im Landeshauptarchiv Dresden liegend) die Käthchensteinwiese. Das Verlesen müßte demnach schon lange vor 1870 stattgefunden haben. Ob eine andere Form zugrunde liegt, läßt sich noch nicht sagen, viel Frohnauer sagen: Kaadelstä.
Widar Ziehnert, der nach überaus fruchtbarer literarischer Tätigkeit im Alter von kaum 25 Jahren starb – übrigens im Leben und Werk eine merkwürdige Parallele zu Wilhelm Hauff, dem schwäbischen romantischen Märchen- und Sagenerzähler –, stand ebenfalls ganz im Banne der Romantik. Er hat sicherlich an die tatsächlich vorhandene Form Kadelstein angeknüpft, die er als Schlettauer genau kannte. Hermann Lange hat durchaus recht, diese Sage vom Käthchenstein als literarisch und heimatgeschichtlich unwichtig zu erklären, an dem Namen des Kadelsteins ist jedoch nicht zu zweifeln. Die Sage entstand spätestens 1838, also 10 Jahre nach der Erwähnung der Form in einem Frohnauer Register. Hier werden die Namen so festgehalten, wie sie im Munde der Ortsbewohner seit langem üblich sind. Wer kennt z. B. noch den Flurnamen „Die Schlittenkufe“, etwa bei St. Andreas gelegen? Sie wird 1726, 1828 und 1835 erwähnt. Noch manche Namen harren der Klärung.
Konrad Rösel, Riesa