Der Brand von Scheibenberg von 1529.

Von Oberlehrer i. R. Günther, Scheibenberg.

Erzgebirgische Heimatblätter. Beilage der Obererzgebirgischen Zeitung. Nr. 46 – Sonntag, den 10. November 1929, S. 1.

Zeichnung
Scheibenberg von jetzt.

Durch das „Neue Geschrei“ von Silberfunden im Obererzgebirge ist auch Scheibenberg gegründet worden. Seitdem der Elterleiner Fundgrübner Caspar Klinger 1515 die erste Silberader an der Nordwestseite des Scheibenbergs entdeckt und angeschlagen hatte, entstand ein rascher Zuzug von Bergleuten aus Annaberg, Buchholz usw., um durch „Muthung“ von Flurstücken möglichst rasch reich zu werden. Damals gehörte die ganze Gegend hier zur Grafschaft Schönburg-Waldenburg. Die Bergleute fanden zunächst Unterkommen im benachbarten Dorfe Oberscheibe, in dem schon lange vorher geschürft wurde auf Brauneisenstein, und in den „5 Waldhäusern vorm Schletter Walde“, jetzt Brünlas genannt. Auf Ansuchen der Zugewanderten bei den Grundherren Ernst und Wolf von Schönburg ließen diese 1522 durch geschickte Baufachverständige auf der Westseite des Berges einen passend erscheinenden Platz zu einer neuen Bergstadt abstecken und abholzen. Zur schnellen Errichtung von Wohnungen gaben die Gründer Holz und „Kleibe“ (Lehm), und so entstand nach amerikanischem Muster rasch eine „Holzstadt“, Scheibenberg genannt. Die folgenden heißen Sommer dörrten die Hölzer sehr aus, auch die Innenfeuerung mit allerhand Holzbrennmaterial und die Bergschmieden trugen noch wesentlich zur Austrocknung bei, sodaß die Feuergefährlichkeit der neuen Stadt jährlich wuchs. So kam es denn endlich, das Unglück. Am 1. August 1529 entstand bei starkem Westwinde Feuer zunächst in einer Bergschmiede, wo bei offenem Herdfeuer die Funken das darüberbefindliche Gebälk in Brand setzten. Löschversuche halfen nicht, Wassermangel vergrößerte die Gefahr, und der Sturm blies mit vollen Backen in die lodernden Flammen, die übersprangen auf benachbarte Gebäude. Bald sah man weit und breit die Stadt Scheibenberg brennen. Das bißchen Hab und Gut, das die bestürzten Bewohner mit Lebensgefahr aus dem gefräßigen Elemente retten konnten, barg man teils am Berge, teils im Schletter Walde. Nach wenigen Stunden war das neue Bergstädtchen ein rauchender Trümmerhaufen. Nur das alte hölzerne Kirchlein stand noch und vor ihm ein paar Hütten, die von ihm gedeckt worden waren, wahrscheinlich die, die heute noch am selben Flecke stehen, etwas fester während der Zeit ausgebaut, das Groschupp‘sche Langsche und Gündel‘sche Haus. Auf die Kunde von dem Brande sorgten die obengenannten Grundherren für Unterkommen der Abgebrannten und Wiederaufbau der Stadt, die im nächsten Jahr wieder neu erstand, aber steinern. Heuer war also das 400jährige Gedenken an den großen Brand der Stadt Scheibenberg in Erinnerung zu bringen. Spätere Brände haben die Entwicklung des Ortes ebenfalls gehemmt, wie z. B. Das große Feuer 1677, dem 45 Häuser zum Opfer fielen, und der Brand von 1710, der 52 Häuser in Asche legte. Aber Opfermut, Ausdauer und Gewerbefleiß haben diese Schäden nach und nach wieder behoben.

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Federzeichnung
Verkleinerte Wiedergabe aus „Wilhelm Dilichs Federzeichnungen erzgebirgischer und vogtländischer Orte aus den Jahren 1626 – 1629”, Glückauf-Verlag Schwarzenberg.

Wie der fesselnde Inhalt vorstehender Darstellung des großen Scheibenberger Brandes aus der Feder des Herrn Oberlehrer Günther, so werden auch die diesem Artikel beigefügten Bilder unsere Leser außerordentlich interessieren; namentlich auch die Wiedergabe der Dilich‘schen Federzeichnung. Schon wiederholt haben wir Reproduktionen der Zeichnungen des bekannten Illustrators aus dem 17. Jahrhundert veröffentlicht. Dieselben zeichnen sich durch Treue und Klarheit aus und stellen, wie auch die vorstehende Zeichnung, hervorragende Quellen der Heimatforschung auf bildlichem Gebiete dar. Von den Dilich‘schen Federzeichnungen ist anläßlich des Jubiläums des Erzgebirgshauptvereins im vorigen Jahre ein Sammelband außerordentlich wertvoller Art erschienen, dessen Beschaffung wir angelegentlich empfehlen.