Kultur und Heimat Kreis Annaberg. 5. Jahrgang. Februar 1958. S. 20 – 21.
Dicht an der Sehma, zwischen dem Frohnauer Hammer und der ehemaligen Herrenmühle, steht ein Haus (Nr. 28), bis zum 2. Weltkrieg das Gasthaus zum „Hüttengrund“. Um 1830 führte es den Spitznamen „Säckelschänke“ wegen einer Geschichte, die hier nicht herangezogen werden soll. Die Umgebung ist durch den nach 1910 erfolgten Talstraßenbau stark verändert. Vorher stand das Haus auf einer flachen Erhebung, einer ehemaligen Halde. Das Frohnauer Grundbuch Blatt 33 nennt das Grundstück: Weißer Hirsch Zechengrund. In der übrig gebliebenen Gartenspitze befindet sich noch ein Stollnmundloch, und die Bewohner bekommen ihr Trinkwasser aus dem Teichgräber-Stolln.
Der Goldbergsche Stadtplan von 1731 zeigt an der fraglichen Stelle eine Halde mit dem Namen Teichgräber Maaßen. Noch in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts nennt das Hauslehnbuch von Annaberg einen Steiger auf dem Weißen Hirsch.
Von der Zeche „Weißer Hirsch“ bringt das „Annaberger Wochenblatt“ 1830 S. 29 eine Sage, die aus einem heute nicht mehr vorliegenden Buche (Goldbergs Bergwerks-Collectaneen S. 354) stammt. Wir lesen dort:
„Woher der Name des Weißen Hirsch entstanden und fündig worden.
Es hatte sich um die Gegend, wo der Teichgräber am Schreckenberg lieget, wo in alten Zeiten noch viel Wald gestanden, immer ein weißer Hirsch mit einem fast silberweißen Geweih auf dessen Hirnschalen stehend, sehen lassen. Derselbe kam nun um die Gegend, wo das Tiefe-Teichgräber-Mundloch ist, gewöhnlich heraus, und ging nach der Gegend, wo hernach die Weiße-Hirsch-Fundgrube war, am Berg hinauf. Aber am Berg umkehrend, ging er wieder hin, wo er erstlich herauskam. Er ist da öfters von vielen Individuen gesehen worden. Hieraus hat man nun gemutmaßet, es müsse etwas zu bedeuten haben und geratschlaget, ob nicht ein reicher Gang allda sein Streichen habe. Als nun von den Rutengängern auch ein edler Gang daselbst angewiesen wurde, so schürfte man, und legete einen Schacht an, wo nur kurz unter Tage reiches Silbererz gefunden wurde. Man nannte das Gebäude den Weißen Hirsch, auch wohl Silberhirsch, und da man diesem Gebäude mit dem Teichgräber-Stolln zu Hilfe kommen suchte und ein Ort dahinein getrieben worden war, so wurde es ein reiches und stattliches Silber-Berg-Gebäude, wo viel Silbererz gehauen und geschmolzen wurde; weshalb auch unter dem Gebäude eine Schmelzhütte gebauet worden. In dieser Weißen-Hirsch-Zeche soll auch noch viel Silbererz anstehen, worauf mit Nutzen zu bauen wäre, wenn nur die Wasser herausgeschafft und gehalten würden.“
Das Mundloch des Tiefen-Teichgräber-Stollns wurde vor wenigen Jahren, kurz oberhalb der Herrenmühle an der Straße gelegen, zugemauert, ist aber heute noch zu erkennen. Vom Oberen Teichgräber-Stolln berichtet das TAW (Tageblatt Annaberger Wochenblatt) April 1909, da einige Unvorsichtige in den Stolln krochen und verunglückten.
Weitere Nachrichten vom Weißen Hirsch sind z. T. recht alt. So berichtet der Chronist Hanffstengel Ao. 1532: „Dieses Jahr wurde der Durchschlag auf den Hirschen gemacht.“ Das Wahlsche Zechenverzeichnis meldet das Fündigwerden:
Weißer Hirsch Fundgrub 1556
— — unt. n. 2 m. 1564
An der Sage ist die Tatsache besonders interessant, daß sich‘s hier vermutlich um eine Erscheinung handelt, die in der Literatur als St. Elmsfeuer bezeichnet wird, und die bei Gewitterstimmung auftritt. Früher beobachtete man diese elektrischen Ausstrahlungen über noch nicht abgebauten Erz-Gängen, von denen Christian Lehmann S. 427 schreibt: „Es streuet die auf den Erzgängen laufende und flammende Bergwitterung viel tausend bergmännische Hoffnung aus. – Es laufen die von fetten Schwefeldünsten (?) entzündeten Irrwische Berg auf und unter.“
Leider ist Lehmanns Bergwerkschronik durch Kurzsichtigkeit staatlicher Stellen 1923 für uns verloren gegangen. Sie könnte uns sicher noch mehr von der Angelegenheit sagen.
Hermann Lange, Annaberg-Buchholz