Laßt uns wieder Weihnachten feiern!

Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt. Tageblatt Annaberger Wochenblatt. Hauptzeitung des Obererzgebirges. Nr. 52. 130. Jahrgang. 27. Dezember 1936. S. 1 – 2.

schlechte Kopie
Krippe von Schneider. (Aufnahme: Erna Meiche.)

Nun hat sie wieder ihren Einzug gehalten, die hohe festliche Zeit der erzgebirgischen Weihnacht. Hineingegossen in eine Flut von Licht, umrahmt von der frohen Buntfarbigkeit der Engel, Bergleute und Türken, eingebettet in weiches, grünes Moos, so wird in den Weihnachtsbergen und Krippen, die allenthalben das besondere Schmuckstück der Erzgebirgsstuben sind, noch einmal das Geschehen von Bethlehem lebendig mit der Armut des Stalles und dem inneren Reichtum der Menschen, die um das Kind in der Krippe versammelt sind. Wie innig spricht doch aus den Kunstwerken der Schnitzer die ganze Innigkeit des Erzgebirgsvolkes, das sein Land zum Weihnachtsland an der Grenze werden ließ. Aus der Schlichtheit, die die Hirtengestalten erstehen ließ, spricht die Verbundenheit des Erzgebirgers mit der Natur, mit Berg und Wald, mit Pflanze und Getier. Und ehrfurchtsvoll tief gebeugt knien die Heiligen drei Könige vor der armseligen Krippe, beredte Zeugen, daß vor dem göttlichen Wunder alle Herrlichkeit der Welt und alle Macht demütig sich neigen muß. Um dieses Bekenntnis aber zum Höchsten setzt der Erzgebirgler seine Welt, seine Heimat mit den Tieren des Waldes und den Gestalten seiner Umwelt, läßt er inmitten der morgenländischen Landschaft um die Krippe die Geschichte des Erzgebirges lebendig werden mit dem Bergwerk, klippernden Hämmern, eilenden Hunten und unermüdlichen Knappen. Vielleicht auch führt über Tage hurtig der Zug durch die Lande, bejubelt von schlitten- und schneeschuhfahrenden Kindern, dieweil bedächtig der Förster aus seinem Waldhaus hervorkommt, um seinen Rehen und Hirschen in kalter Winterszeit das Futter zu reichen. Eine ganze Welt tut sich dem auf, der vor diesen Weihnachtsbergen steht, froh, lebendig bewegt und doch voller Andacht, ein Kunstwerk, aus dem gesunden Empfinden eines Volkes geboren, dessen Sein im Boden seiner Erzgebirgsheimat wurzelt.