Zum 6. Januar.
Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt. Tageblatt Annaberger Wochenblatt. Hauptzeitung des Obererzgebirges. Nr. 1. 129. Jahrgang. 5. Januar 1936. S. 1 – 2.
Da es in den Urgemeinden der Christen als heidnisch galt, den Geburtstag einer Person zu feiern, konnte das Weihnachtsfest zunächst noch nicht entstehen. Dafür wurde das Epiphaniasfest gefeiert, der heutige Dreikönigstag, der als Tauftag Christi angesehen wurde. Die Christen in Armenien kennen noch heute kein Weihnachtsfest am 25. Dezember, sondern feiern das Epiphaniasfest. Mit diesem eng verbunden sind die heiligen drei Könige, die dem Christuskind Weihrauch, Myrrhen und Gold darbrachten. Über diese drei kamen sehr bald mancherlei Legenden auf. Zunächst wurden sie angesehen als die Vertreter der drei Volksstämme, die nach der Sintflut wieder entstanden sein sollen. Dann sah man in ihnen die Vertreter der drei Erdteile Asien, Afrika und Europa; weil man den einen als Jüngling, den zweiten als Mann, den dritten als Greis darstellte, wollte man in den drei Weisen weiter die Versinnbildlichung des Lebenslaufes der Menschen sehen.
Schon frühzeitig erschienen bildliche Darstellungen der drei Weisen aus dem Morgenlande. Die ersten dieser Darstellungen, ganz einfache Malereien, stammen aus dem zweiten Jahrhundert und wurden in den Katakomben von Rom aufgefunden. Später wurden besonders die Sarkophage der Christen mit solchen Bildnissen ausgeschmückt. In den ersten Jahrhunderten sind die heiligen drei Könige immer als Magier dargestellt worden, als Priester und weise Männer, wie sie an den Höfen asiatischer Herrscher anzutreffen waren. Etwa vom siebenden Jahrhundert an begannen dann die Bildnisse einen anderen Charakter anzunehmen. Maria, bis dahin als eine einfache Frau dargestellt, wurde nun zur Himmelskönigin, und die drei Magier verwandelten sich in Könige; sie trugen jetzt Kronen auf dem Haupte und hatten auch sonst ein königliches Aussehen. Besonders unter dem Einfluß byzantinischer Kunst wurden diese Bildnisse in Italien und im Orient immer prunkvoller, wogegen sie in Deutschland mehr ihre Einfachheit behielten. Im mittelalterlichen Deutschland gab es übrigens kaum eine Kirche oder Kapelle, wo nicht ein solches Bildnis zu sehen gewesen wäre.
Fast um die gleiche Zeit, da sich die drei Magier auf den Bildnissen in Könige umwandelten, kamen auch die Namen Melchior, Kaspar und Balthasar auf, dagegen stammt die Bezeichnung heilige drei Könige erst aus der nachmittelalterlichen Zeit, erst aus dieser kennt man auch die Namen Dreikönigstag und Dreikönigsfest. Zunächst stand die Dreizahl der Magier durchaus nicht fest. Es gab in den ältesten Zeiten Kirchenlehrer, die von sechs, zwölf und sogar fünfzehn Magiern berichten wollten. Mancherlei Legenden entstanden weiter über die Goldpfennige, die die Magier dem Christuskind als Geschenk gebracht hatten. Diese Goldpfennige gingen verloren, wurden wiedergefunden, gingen in andere Hände über, und mit ihnen soll dann noch zuletzt Judas Ischarioth für seinen Verrat entlohnt worden sein. Einzelne wollten sodann aus bestimmten Nebenerscheinungen behaupten, daß die drei Magier überhaupt nicht sogleich nach der Geburt Christi bei diesem gewesen seien, sondern erst ein oder zwei Jahre später.
Bis weit in das 18. Jahrhundert hinein wurden überall in Deutschland Dreikönigsspiele aufgeführt, in denen die Magier, später die heiligen drei Könige, mit vielerlei Volk auftraten. Von diesen Spielen sind selbst in ganz abgelegenen Gegenden nur noch kleine Reste übriggeblieben. Dazu gehört das Sternsingen von jungen Burschen und Kindern. Dabei werden allerlei Dreikönigslieder gesungen, wofür die Sänger mit allerlei Leckerbissen belohnt werden. In Frankreich, Belgien, Holland und zum Teil auch noch im Westen Deutschlands heißt der Dreikönigstag das Bohnenfest oder der Bohnenkönigstag. An diesem Tage bäckt man den Bohnenkönigskuchen. Wer das Stück Kuchen erhält, in dem die eingebackene Bohne enthalten ist, wird König der Festlichkeit. In Flämisch-Belgien wählt sich der Bohnenkönig noch eine Bohnenkönigin, in größeren Gesellschaften auch einen Hofstaat. Das Bohnenfest erscheint nur äußerlich mit dem Dreikönigstag verbunden; denn in Wirklichkeit muß man das Bohnenfest als einen letzten Ausläufer der altrömischen Saturnalien ansehen. Heute ist das Bohnenfest auch in Frankreich, Holland und Belgien zu einer Familienfestlichkeit geworden, es ist eine Gelegenheit, um auch entferntere Familienangehörige wieder einmal zu einem Kreis zu versammeln. Daher geht es jetzt bei dieser Festlichkeit nicht mehr so ausgelassen zu wie in früheren Zeiten, da der Ausdruck: „Das geht noch über das Bohnenfest“ den nicht mehr zu überbietenden Grad der Ausgelassenheit und des fröhlichen Treibens bedeutete. In Frankreich wurden bis weit in das 18. Jahrhundert hinein besonders am Königshofe und bei den hohen Adligen glanzvolle derartige Feste gefeiert, in den Niederlanden wurde dieses Fest mit besonderer Freude von Bürgern und Bauern gefeiert. Viele Darstellungen flämischer Maler lassen noch jetzt erkennen, wie ausgelassen es beim Bohnenfest zuging.
Der Dreikönigstag beendet die Zeit der Heiligen Zwölf Nächte. Zwar steht der Hochwinter noch bevor, jedoch die Sonne ist nun bereits wieder im Aufstieg, langsam wird der Tag länger, im Kreislauf des Jahres geht es nun von neuem aufwärts, dem Frühling entgegen.
F. M.