Von Dr. Siegfried Sieber, Aue.
Glückauf. Zeitschrift des Erzgebirgsvereins. Nr. 52. Dezember 1932, S. 257 – 258.

Seit Pfarrer Löschers Aufsatz „’s Bornkinnel” im Kalender für das Erzgebirge und Vogtland 1907 sind die eigenartigen Christkindfiguren, die im Erzgebirge noch hier oder dort zu Weihnachten auf den Altar gestellt werden, wiederholt Gegenstand der Forschung gewesen. Besonders hat sich Oskar Philipp (Meerane) 1911 in den Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde und 1923 in „Alt Zwickau“ (Beilage zur Zwickauer Zeitung Nr. 12) darum verdient gemacht. Ferner brachte ich in den Heimatblättern des Erzgebirgischen Volksfreundes 1925 (Nr. 5) und in den Zwickauer Neuesten Nachrichten 1931 (Sonntagsbeilage Nr. 50) einige Funde zur Kenntnis. Zu gleicher Zeit erschien in den Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 1931 (Heft 9 – 12) ein umfangreicher Aufsatz von Dr. Walter Hentschel, der als trefflicher Kenner der sächsischen Plastik mit dem Rüstzeug des Kunsthistorikers an die Frage herantrat. Was er an Hand von 15 vorzüglichen Abbildungen vom Bornkinnel und den Holzplastikern, die solche Figuren schufen, berichten kann, trägt wesentlich dazu bei, die Bornkinnelfrage zu klären.
Hentschel behandelt ausführlich die noch erhaltenen Bornkinnelfiguren aus Bärenwalde, Zwönitz, Zschorlau, Irfersgrün (im Museum Zwickau), Thierfeld, Penig (Museum im Großen Garten zu Dresden), Drebach (Erzgebirgsmuseum Annaberg), Zwickau (drei Figuren im Zwickauer Museum, wahrscheinlich aus Zwickauer Kirchen stammend), Kamenz (Stadtmuseum daselbst) und Forchheim (1931 wieder gefunden). Er zählt ferner auf die urkundlich oder sonst erwähnten Bornkinnel in Geyer, Hirschfeld bei Zwickau, Hartmannsdorf bei Kirchberg, Langenbach, Niedercrinitz, Buchholz, Meerane, Waldenburg und Lößnitz. Trotzdem sind damit noch nicht alle Angaben über Bornkinnel ausgebeutet, ja es steht zu hoffen, daß genauere Nachforschungen auf Kirchböden und in Pfarrhäusern, auch Studien in Kirchenbüchern und Rechnungen weitere Nachrichten zu Tage fördern.
Hentschel behandelt ausführlich die noch erhaltenen Bornkinnelfiguren aus Bärenwalde, Zwönitz, Zschorlau, Irfersgrün (im Museum Zwickau), Thierfeld, Penig (Museum im Großen Garten zu Dresden), Drebach (Erzgebirgsmuseum Annaberg), Zwickau (drei Figuren im Zwickauer Museum, wahrscheinlich aus Zwickauer Kirchen stammend), Kamenz (Stadtmuseum daselbst) und Forchheim (1931 wieder gefunden). Er zählt ferner auf die urkundlich oder sonst erwähnten Bornkinnel in Geyer, Hirschfeld bei Zwickau, Hartmannsdorf bei Kirchberg, Langenbach, Niedercrinitz, Buchholz, Meerane, Waldenburg und Lößnitz. Trotzdem sind damit noch nicht alle Angaben über Bornkinnel ausgebeutet, ja es steht zu hoffen, daß genauere Nachforschungen auf Kirchböden und in Pfarrhäusern, auch Studien in Kirchenbüchern und Rechnungen weitere Nachrichten zu Tage fördern.
Anderwärts hat er sich ja noch weit ins 19. Jahrhundert gehalten und ist stellenweise, z. B. in Zschorlau, neuerdings wieder aufgenommen worden. In den Mitteilungen des Vereins für sächsische Volkskunde Bd. II, S. 306 findet sich zufällig eine Angabe aus Weißenborn. Dort wurde um 1815 eine puppenartige Figur, das Christkind darstellend, auf den Altar gesetzt. Noch wichtiger erscheint mir die Angabe der Neuen Sächsischen Kirchengalerie, Ephorie Schneeberg, über Aue. Dort heißt es von der alten Nikolaikirche S. 225: 1607 zum Christtag hat man der Kirche „ein neugeborenes Kindlein kleiden und schmücken und auf den Altar setzen lassen.“ Also wäre auch für Aue das Bornkinnel nachgewiesen. Doch nicht genug damit, die Mitteilung in der Kirchengalerie verrät uns, daß zum Gründonnerstag desselben Jahres ein Bild des Gekreuzigten aufgerichtet ward. 12 Jahre später, also schon im Anfang des dreißigjährigen Krieges, stellt man in Aue ein Christusbild auf dem Gottesacker auf, das die vom damaligen Pfarrer Portenreuter verfaßte Unterschrift erhält:
„O Mensch bedenk den bittern Tod,
Den für dich hat gelitten Gott,
Wie solchs der Richter in der Au
Christof Neef und seine Hausfrau
In ihren Herzen auch betracht,
Durch deren Unkosten dies Bild gemacht.“
Dieser Vorgang bestätigt den Gedankengang, den Hentschel an eine Notiz bei Oesfeld anschließt. Der Lößnitzer Chronist erzählt nämlich, daß daselbst 1741 der Gebrauch abgekommen sei, am Weihnachtsfest das Christkind und zu Ostern Christus mit der Siegesfahne auf den Altar zu stellen. Hentschel weist diesen Brauch auch in der Marienkirche zu Zwickau im 16. Jahrhundert und anderwärts nach und erwähnt im Zusammenhang damit die beiden Figuren aus dem Museum zu Aue, ohne etwas von der deutlichen Erklärung in der Kirchengalerie zu wissen. 1930 wurden auf einem alten Schulboden in Aue zwei arg beschädigte Christusfiguren gefunden und dem Museum geschenkt. Das Landesamt für Denkmalpflege richtete sie wieder her. Sie haben zweifellos um 1600 herum als Kirchenschmuck bei bestimmten Festen gedient, sind also Gegenstücke zu unseren Bornkinnelfiguren. Solche kleine Plastiken haben hier oder dort vielleicht sogar das eigentliche Bornkinnel, einen kräftigen Buben mit roten Wangen, oft mit Reichsapfel und Szepter, stets wohl mit hübschen Flitterkleidchen geziert, ersetzen müssen, falls es in Kriegsläuften abhanden gekommen war.
Der Erzgebirger hat besondere plastische Begabung. Er braucht sinnfällige Symbole in seinen Kirchen oder schafft sich selber im Weihnachtsberg eine plastische Darstellung der heiligen Szenen. So kommt es, daß im protestantischen Lande katholisch anmutende Figuren noch Jahrhunderte nach der Reformation und oftmals trotz der Abneigung der Pfarrer dagegen erhalten geblieben sind. Denn unser Bornkinnel zeigt auffällige Verwandtschaft mit dem in katholischen Kirchen beliebten „Prager Jesulein“.